Neues Jahr, neuer Kontinent.

Nachdem sich zwei Tage vor Abflug abzeichnete, dass trotz der neuen Omicron-Variante zumindest unser Hinflug nach Kapstadt stattfinden würde, starteten wir mit unseren Vorbereitungen. Wir schickten das Auto durch die Waschstraße, statteten uns mit Reisetaschen aus und machten uns auf den Weg zurück nach Athen. Nach einer langen Tagesfahrt kamen wir in einem Vorort an, in dem wir den Defender schweren Herzens für die nächsten drei Monate parken. Schnell noch nahmen wir ein großes Paket unserer Familie entgegen, mit dem wir final für unsere Reise ausgestattet waren: Süßigkeiten, Weihnachtsgebäck und Kartenspiele.

Am Flughafen fiel dann die letzte Anspannung von unseren Schultern und nach einem Zwischenstopp in Doha kamen wir nach ungefähr 14 Flugstunden in Kapstadt an. Unser Treffen am Flughafen mit der Autovermietung verlief problemlos und alles war so, wie wir es uns vorgestellt hatten, einfach aber ausreichend. Unser erster Stop war nach kurzer Eingewöhnung in den Linksverkehr ein Supermarkt, in dem wir uns für die ersten Tage mit Lebensmitteln eindeckten. Gleich danach steuerten wir unseren ersten Campingplatz an. Hier verbrachten wir unsere ersten Tage, um uns Kapstadt und Umgebung anzuschauen, die nächsten Tage bis Silvester zu planen und uns natürlich in dem Toyota Hilux einzurichten.

Die größten Unterschiede zu unserem bisherigen Reisefahrzeug (mit dem es natürlich ab April weiter geht):

  1. Wir haben ‘ne Klimanlage (!!!)

  2. Der Fahrkomfort ähnelt mehr einem Auto als einem Trecker

  3. Wir haben ein großes Dachzelt (1,40m x 2,20m), aber keine Möglichkeit mehr, im Innenbereich zu schlafen

  4. Wir haben eine reine Ladefläche statt Stauraum in diversen Fächern

  5. Wir haben eine geringere Reichweite (75 Liter Dieseltank) und nutzen daher zusätzliche Dieselkanister für einige geplante Strecken

Insgesamt ist das Fahrzeug reisefertig ausgerüstet, hat also Kochutensilien wie einen Gaskocher, Besteck, Töpfe und Pfannen sowie Teller und Tassen an Bord. Der größte Unterschied und die gleichzeitig größte Umstellung für uns ist eigentlich, dass wir aus einer Ladefläche heraus leben und es viel aufwändiger ist, das Chaos im Auto zu sortieren. Durch das gute Wetter in Südafrika sind wir in der Lage, uns den gesamten Tag bis in die späteren Abendstunden (ca. 21 Uhr) draußen aufzuhalten. Trotzdem sind wir manchmal ein wenig traurig darüber, nicht mit dem Defender hier zu sein, vor allem, weil dieser hier wie in keinem anderen Land vertreten ist. Unser kleines, gut sortiertes zuhause, bei dem wir immer wissen, wo alles ist, ist einem unaufgeräumten Abstellraum gewichen. Aber bei den zur Zeit geringen Mietpreisen konnten die Kosten für eine Verschiffung leider nicht mithalten. Naja, wir haben schon eine andere Route im Kopf, die wir vielleicht irgendwann in der Zukunft mal mit dem Defender bestreiten werden…

Wir entschieden uns, Südafrika, Botswana und Namibia in dieser Reihenfolge entgegen des Uhrzeigersinns zu bereisen. Unsere Route richteten wir für die nächsten drei Wochen entlang der Küste von Kaptstadt in Richtung Osten aus. Die Hauptstadt selbst gefiel uns sehr gut, wir ließen uns von Viertel zu Viertel treiben und genossen das schier endlose Angebot an guten Restaurants und Besichtigungsmöglichkeiten. Die Hauptattraktion, den Tafelberg, konnten wir aufgrund niedrig liegender Wolken leider nicht hinaufsteigen. Das bewahren uns stattdessen für den Rückweg auf. In der Zwischenzeit genossen wir den schönen Nationalpark rund um das Kap der guten Hoffnung und probierten lokalen Wein in der Region um Stellenbosch.

Zwar handelt es sich bei der Reisezeit im Dezember um die Nebensaison für internationale Touristen, die Zeit vom 15. Dezember bis Anfang Januar ist im Land Sommerferienzeit für Einheimische. Entsprechend viele Familien sind also selbst unterwegs und füllen die Straßen und Touristenorte mit ihrer Anwesenheit. Und da viele Südafrikaner selbst Weltmeister im Camping sind, hatten wir während dieser Zeit große „Konkurrenz“. Zusätzlich sind wir in Südafrika auf das Übernachten auf Campigplätzen angewiesen, da das Wildcampen weder erlaubt noch aus Sicherheitsgründen empfohlen wird. Das bedeutete, dass wir teilweise sowohl vorbuchen müssen, als auch den einen oder anderen Saisonpreis (= doppelt so teuer) in Kauf nehmen mussten. Andererseits sind die Einrichtungen so wild, privat und authentisch angelegt, dass wir uns direkt wohlfühlen. Der Charakter eines europäischen Campingplatzes mit zentimetergenauen Parzellengrößen und schlichten Einrichtungen ist auf den Plätzen, die wir angefahren sind, nie aufgekommen. Immer begrüßte uns ein netter Besitzer / eine nette Besitzerin persönlich und führte uns zu unserem Platz mitten in der Natur und mit tollen Aufenthaltsbereichen. Ein großer Vorteil ist dabei, dass wir sofort mit den Einheimischen in Kontakt kommen, uns über unsere bisherige Reiseroute unterhalten und Tipps für weitere Stopps austauschen können.

Nach einem Halt im De Hoop Nature Reserve, das uns mit einer riesigen, weißen Dünenlandschaft und einem wilden Küstenabschnitt beglückte, machten wir uns auf den Weg in Richtung Garden Route. Hier verbrachten wir eine gute Woche. Die wohl standardmäßig von jedem Südafrika-Touristen besuchte Route schlängelt sich auf einer Länge von 220 Kilometern entlang der Küste von Mossel Bay nach Port Elizabeth und ist ein Magnet für etliche Touristen. Ein entspannter Start auf einem neuen Kontinent mit bislang problemlosem Fahren auf nagelneuen Teerstraßen und Streckennetzen liegt hinter uns. Bis hierhin fühlt sich aber alles noch nicht so wirklich nach Afrika nach primitiver, kindlicher Vorstellung an. Überall große Supermärkte, tolle Restaurants oder Cafés und viele Menschen aller Nationalitäten - die meisten davon Touristen. Weihnachten verbrachten wir statt auf einem Campingplatz bei einem unglaublich freundlichen südafrikanischen Paar auf einer kleinen Farm in der Nähe von Port Elizabeth, um für ein paar Tage die Vorzüge einer gut organisierten Küche zu genießen. Von unserer Terrasse aus konnten wir bereits Giraffen sehen und nachts Löwen des angrenzenden Game Reserves brüllen hören.

Nach den „besinnlichen“ Weihnachtsfeiertagen, an denen zumindest für uns bei mehr als 25 Grad kaum weihnachtliche Stimmung aufkam, zog es uns für einige Tage in den ersten Nationalpark. Auf einer Fläche von 1.640 km² befindet sich der Addo Elephant Nationalpark, der - wie der Name schnell verrät - für seine großen Elefantenherden bekannt ist. Stundenlang verbrachten wir Zeit in dem für südafrikanische Verhältnisse kleinen Gebiet und konnten dabei Elefanten, Büffel, Zebras, Warzenschweine, Erdmännchen und einen Löwen aus der Ferne beobachten. 

Unser erster Eindruck von Südafrika ist gemischt. Wir fühlen uns umgeben von einer unglaublich beeindruckenden Natur und vielen exotischen Tieren, gleichzeitig gibt es kaum eine Fläche im Land, die nicht eingezäunt oder privatisiert ist. Das individuelle Reisen im Land ist ein komplett anderes als das, was wir bislang auf unserer Reise erlebt haben. Überall umgeben uns Zäune, Gatter, Schlösser und große Eingangspforten, die nur nach Voranmeldung oder mit Schlüssel/PIN betretbar sind. In jedem Gespräch mit Südafrikanern werden wir herzlich begrüßt und man ist sehr interessiert an dem, was wir im Land zu sehen vorhaben - an Besichtigungs-Tipps wird nicht gespart. Gleichzeitig warnt uns fast jede/r am Ende des Gesprächs auf unsere Wertsachen zu achten und das Auto stets zu sichern. Wir empfinden einen immensen Unterschied zwischen Armut und Reichtum im Land. Von den schönsten Villen zu den ärmsten Townships im Land sind es meist nur wenige Meter. Auch der Unterschied zwischen den Hautfarben ist für uns negativ spürbar. Gleichzeitig können wir bislang noch von keinem unangenehmen Erlebnis berichten, das uns nicht auch in Berlin oder anderen europäischen Großstädten hätte passieren können und fühlen uns hier sehr willkommen und wohl. Die Leichtigkeit auf die Reise bezogen ist trotzdem eine andere und wir springen nicht mal eben aus dem Auto, um mit einer verhältnismäßig wertvollen Kamera Bilder zu schießen.

Auch das Thema der Pandemie betrachten wir nach anfänglicher Zurückhaltung etwas objektiver, vielleicht auch realistischer. In bislang allen größeren und kleineren Städten nehmen wir ein recht großes Verantwortungsbewusstsein gegenüber der Krankheit wahr. Masken werden konsequent getragen und auch Abstände weitestgehend eingehalten. Trotzdem stellen wir keine große Panik, wie wir sie aus Deutschland kennen, fest. Ohne das Thema klein reden zu wollen, ist es wirklich wohltuend, nicht jeden Tag darüber nachzudenken und sich ohne Impfnachweis und Dokumentenabgleich an jeder Restaurant- oder Ladentür bewegen zu können. Nach einer zunächst strikten Lockdown-Strategie für die Nachtstunden im Land, die uns nicht wirklich betraf, sieht das Land einer größeren Lockerung entgegen und erwartet wohl auch in naher Zukunft ein Ende der Pandemie, vor allem aufgrund seiner jungen Altersstruktur.

Wir können es kaum erwarten, die nächsten Wochen in Südafrika zu verbringen und werden euch vor unserer Weiterfahrt nach Botswana unter anderem von der abgelegenen Wild Coast, dem höchsten Berg Südafrikas und dem Krüger Nationalpark berichten.

Route in Südafrika, Stand 02.01.2022. Quelle: Gaia GPS / MapBox / Open Street Map.

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Von Sandstränden, Impf-Reisen und neuen Zielen.