Kleines Land, große Naturwunder.

Rückblick: „Wir machen uns in Kürze auf den Weg zurück aufs Festland und steuern dann ohne viele Umwege den Balkan an.“

So weit, so gut. Unserer letzte Piste auf Sardinien verdankten wir dann aber noch einen defekten Stoßdämpfer (der vielleicht ein paar Tage früher schon hinüber war, sich aber jetzt lautstark bemerkbar machte). So entschlossen wir uns, dem Auto zuliebe mal eine geteerte Straße mit direktem Weg zur Fähre zu gönnen und uns auf italienischem Festland Hilfe zu suchen. Dieser kurze Schlenker bereitete uns dafür noch eine niedliche Begegnung mit einem älteren Sarden, der uns auf einem Parkplatz anhand unseres Kennzeichens als Deutsche identifizierte und uns unbedingt auf einen Kaffee einladen wollte. Wir vermuteten zunächst, dass dies die einzigen deutschen Worte waren, die er sprach, aber sein ausharrendes Lächeln auf eine Zusage verriet, dass er es ernst meinte. Uns fiel kein Grund ein, ihm diesen Wunsch abzuschlagen und schnell teilte er uns mit, dass er in seiner Jugend als Gastarbeiter mehrfach in Deutschland tätig war und dort stets so herzlich aufgenommen wurde, dass er diese Gastfreundschaft immer, wenn er mit Deutschen in Kontakt kommt, mindestens das Angebot für ein Getränk ausspricht, um etwas zurückgeben zu können - eine schöne letzte Begegnung in Italien. Nach nicht mal einem Tag Wartezeit konnten uns dann nach der Reparatur des Autos weiter über Pisa und Florenz entlang venezianischer Dörfer in Richtung Slowenien aufmachen.

Unseren ersten Abend verbrachten wir im Nationalpark Triglav, im Nordwesten des Landes, in dem wir gemeinsam auf Julians Geburtstag anstoßen konnten. Unsere Vorstellung von Slowenien, sehr grün und und reich an Natur zu sein, bestätigte sich schnell. Unmittelbar hinter der italienischen Grenze empfingen uns die großen, grün bewachsenen Berge und parallel zur Straße fließen strahlend blaue Flüsse. Unser erstes Ziel, der Soča Fluss, wurde dann zu unserem Wohnzimmer für die nächsten Tage. Der wohl größte Anziehungspunkt des Landes mit seinem Farbspiel aus Blau-, Grün- und Türkistönen zieht sich über insgesamt 140km von den Julischen Alpen im Nordwesten und mündet südlich im Golf von Triest. Selbst die Einheimischen bezeichnen diesen Fluss als den schönsten des Landes. Hier verbrachten wir vier Nächte und haben durch einen schönen Zufall unsere Zelte gemeinsam mit Freunden aus Berlin aufgeschlagen.

Die Bandbreite von Aktivitäten, die in dieser Gegend rund um den Nationalpark möglich sind, ist endlos. Wir widmeten uns letztendlich einem Rafting Trip auf der Soča, einem 25km Wanderweg entlang des Flusses bis zur seiner Quelle in den Bergen, bevor wir uns weiter auf den Weg begaben, den mittlerweile recht bekannten Bleder See sowie die Hauptstadt, Ljubljana, zu erkunden. Im Übrigen beides Ziele, die für einen kurzen Städtetrip sehr empfehlenswert sind. Anders als in großen Metropolen hat man hier noch das Gefühl, unentdeckte Ecken zu finden, die noch nicht touristisch überlaufen sind.

Ganz im Gegensatz zu dem Müllproblem, mit dem Italien offensichtlich zu kämpfen hat (leider wird besonders auf Sardinien jeglicher Müll und Schrott in der Natur entsorgt), ist Slowenien ein unglaublich sauberes Land. Die Menschen sind ähnlich offen wie in Italien und oftmals auch deutschsprachig und das Essen angelehnt an die österreichische Küche. Seitdem sich das Land seine Unabhängigkeit erkämpften konnte, hat es eine beeindruckende Entwicklung durchlaufen, bis hin zum EU-Beitritt 2004. Damit gilt Slowenien das wohlhabendste Land des ehemaligen Jugoslawiens. Wir sind gespannt, wie sich unser Eindruck in den nächsten Monaten entwickeln wird.

Ein weiterer großer Unterschied zu unseren Erfahrungen auf Sardinien ist das Campen in der Wildnis. Während wir auf der Insel in über 95% der Zeit frei stehen konnten, ist dies - zumindest in und um den Nationalpark sowie die größeren Städte - kaum möglich, wenn man auf teure Geldstrafen verzichten möchte. Zwar ist das wilde Campen auch in Italien offiziell verboten, wird dort aber längst nicht so konsequent verfolgt wie in Slowenien, wie uns mehrere Bekanntschaften bestätigten. Nachvollziehbar, wenn man weiß, dass knapp 15% des Landes unter Naturschutz stehen. Ein Wermutstropfen: das Angebot von Campingplätzen ist riesig und die Lage in der Regel trotzdem spektakulär schön. Aus unserer Sicht aber noch viel sehenswerter sind die alternativeren Plätze auf Bauernhöfen und Weingütern, die im Prinzip nur Vorteile bieten: sie sind leerer (nicht wirklich zugänglich für große Camper), sie sind ruhiger, sie sind günstiger. Und: man kommt in Kontakt mit Einheimischen. An unserem ersten Halt inmitten slowenischer Landwirtschaft begrüßte uns unser Gastgeber mit einem freundlichen “Grüß Gott"!” und lud uns direkt auf selbst gebrannten Schnaps in seinem Vorgarten ein. Hier warteten bereits weitere Dorfbewohner, mit denen wir schnell ins Gespräch kamen („Na zdravje!“). Authentischer kann man wohl kaum unterkommen, wiewohl wir uns den Kopfschmerz am Folgetag gern gespart hätten.

Die meisten Sehenswürdigkeiten tummeln sich im Prinzip im Nordwesten des Landes mit seinem Nationalpark in den Julischen Alpen, der etliche Möglichkeiten für Wassersport, Tageswanderungen oder Flugaktivitäten bietet. Der Südwesten glänzt mit seiner 46km langen Adriaküste und bietet bei Bedarf die Möglichkeit, Meeresluft zu genießen. Die Mitte des Landes um die Hauptstadt Ljubljana herum ist so unaufgeregt wie schön und definitiv einen Städtetrip wert, denn dieser kann durchaus auch entspannt sein - viele Menschen leben hier jedenfalls nicht (< 300.000). Über das Land verteilt finden sich mehrere Höhlen, die touristisch teilweise sehr gut erschlossen sind. Hiervon ließen wir uns in Postojna überzeugen. Die vor über 200 Jahren entdeckte Höhle konnten wir nach einer 2 km langen Zugfahrt in den Berg hinein besichtigten. Insgesamt erstreckt sich die Höhle auf ungefähr 24 km, womit sie die längste touristische Höhle Europas ist. Die Dimensionen sind inmitten dieser “Unterwelt” kaum zu greifen - ein sehr beeindruckendes Naturereignis. Und bei über 30 Grad außerhalb so erfrischend wie ein Sprung in die Soča. Der Nordosten des Landes hingegen ist reich an weiten Feldern und Hügeln mit heilenden Gewässern und malerischen Weinbergen. Vielen ausländischen Touristen sind wir hier nicht begegnet. In Maribor, der größten Stadt des Ostens, findet man mit ungefähr 450 Jahren sogar die älteste Weinrebe der Welt.

Auf der Beliebtheitsskala der Touristen wohl noch immer nicht ganz oben angekommen und sicherlich unterschätzt, ist Slowenien für uns definitiv eine Reise wert.

Zwei sehr schöne Wochen im Land der Berge, Wälder, Seen und Weinberge machten Slowenien für uns zu einem unerwarteten Highlight, das landschaftlich auch in wenigen Tagen zu erschließen ist. Von einem geplanten kurzen Aufenthalt im Land mit ein paar Stopps an den bekannten Hotspots ließen wir uns, auch durch unsere nette Begleitung, inspirieren, noch ein paar Tage länger zu bleiben. Schön, wenn man eben nicht nur zwei Wochen Urlaub eingetragen hat und Hin- und Rückflug von Beginn an fixiert sind. Einzig und allein wir können uns überlegen, wann wir uns weiter treiben lassen. Wir hoffen, diesen Luxus weiter ohne große Einschränkungen genießen zu können.

In Kürze begeben wir uns auf den weiteren Weg, durchqueren Kroatien ohne viele notwendige Halte, verbringen einige Tage in Bosnien, bevor wir an unserem nächsten Stopps pausieren. Dort dürfen wir uns auf ein Wiedersehen mit zwei lieben Freundinnen freuen und lassen auch das Auto ein paar Tage stehen.

Route in Slowenien, Stand 26.07.2021. Quelle: Gaia GPS / MapBox  / Open Street Map.

Route in Slowenien, Stand 26.07.2021. Quelle: Gaia GPS / MapBox / Open Street Map.

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Bis bald, Bosnien und Herzegowina.

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Ciao Bella.