Auf der Flucht vor dem Regen.

Von Bukarest aus führte uns unser Weg mehr oder weniger direkt über Bulgarien nach Skopje. Nach über einem Monat mit täglich wechselnden Übernachtungsplätzen hatten wir beide das Gefühl, eine kurze Auszeit zu benötigen, um unsere Erlebnisse zu verarbeiten, mal wieder richtig aufzuräumen und unsere Überwinterungs-Pläne anzustoßen. Auf unseren vier Quadratmetern ist es einfach wichtig, dass alles seinen Platz hat. In der Hauptstadt Nordmazedoniens haben wir hiermit drei Tage verbracht und die Stadt Skopje erkundet.

Mit frischer Energie und sortiertem Hausstand begaben wir uns auf den Weg in Richtung Albanien, unserem nächsten Ziel. Die Route planten wir zunächst über den Kosovo, um hierüber direkt in die Alpen Albaniens zu gelangen. Am Grenzübergang angekommen, mussten wir eine zusätzliche Versicherung organisieren, da die sogenannte grüne Versicherungskarte - die bislang für unsere Reise ausreichte - im Kosovo keine Gültigkeit hat. So planten wir nach unseren Recherchen hierzu ungefähr 15 Euro für die Durchfahrt ein und sprachen mit dem Versicherungsbüro an der Grenze. Nach langer Diskussion, in welche Fahrzeugkategorie der Defender denn wohl gehöre, verlangte man uns knapp 80 Euro ab. Unser Auto sei weder ein PKW noch ein Wohnmobil - zumindest nicht laut Fahrzeugkategorie im Schein, teilte man uns mit. Die Mitarbeiter schienen selbst etwas peinlich berührt, uns so viel Geld für zwei Stunden Autobahn abzuverlangen, nur wegen eines Zeichens im Fahrzeugschein. Sie flüsterten uns kurz vorm Verlassen des Büros den Hinweis zu „fahrt einfach an den nächsten Schalter und tut so, als wüsstet ihr nichts von einer Zusatzversicherung. Heute wurde hier kaum kontrolliert.“ So versuchten wir unser Glück, bekamen einen Stempel in unseren Reisepass und scheiterten letztlich doch am letzten Mitarbeiter, der uns freundlich auf das Versicherungsbüro hinwies, in dem wir ja bereits waren. So wendeten wir wieder in Richtung Nordmazedonien und umfuhren den Kosovo. Schade, hat es dann wohl nur für einen offiziellen Stempel im Pass gereicht.

Mit ungefähr drei Autostunden mehr erreichten wir am Abend Albanien im Dunkeln. Die Wettervorhersage für die nächsten Tage versprach viel Regen und so stellten wir uns auf unbeständige Verhältnisse ein. Unser erster richtiger Stop war dann am nächsten Tag das Valbona Valley ganz im Norden des Landes. In einem trockenen Flussbett richteten wir unseren ersten Platz ein. Die Temperaturen lagen um die 10 Grad am Tag und ungefähr 0 Grad in der Nacht. Unsere Nächte im Zelt waren hiermit zumindest in Albanien zunächst Geschichte.

Die Landschaft in dieser Gegend mit den höchsten Bergen der Albanischen Alpen hat uns sehr beeindruckt. Die steinigen Alpenpässe verlangen beim Befahren viel Geduld, sodass die Fahrdauer stark von den Wetterverhältnissen abhängig ist und besonderes Fahrgeschick sowie unbedingte Schwindelfreiheit bei Gegenverkehr erfordert. Auf unsere Frage, wie weit es noch nach Theth (nächstes Dorf) sei, hatte das entgegenkommende Paar aus Belgien die passende Antwort: “Die Frage ist nicht, wie weit der Weg noch ist, sondern wie lange es dauert!” Sie sollten Recht behalten; für die 50km haben wir knapp zwei Tage gebraucht.

Der Tourismus ist hier zwar vorhanden, fügt sich aber recht einheitlich und ursprünglich in das Gesamtbild ein. Der sogenannte „sanfte Tourismus“ soll hier dafür sorgen, dass auf dem Land lebende Albaner- und Albanerinnen vom Tourismus profitieren, gemeinsam mit lokalen Unternehmen Infrastruktur entwickeln und auch international vermarkten. Hierbei helfen auch Deutsche Organisationen. Im Sommer ist es hier voll von Menschen, die sich unter anderem auf den besonders beliebten 15 km langen Wanderweg von Valbona nach Teth begeben. Gerne würden wir hierher zu einer sommerlicheren Jahreszeit zurückkehren. Aufgrund des nasskalten Wetters entschieden wir uns jedoch, mit dem Auto weiter zu fahren. Kurz vor dem Ziel fanden wir dann aber so einen schönen Platz, dass wir kurzerhand entschieden, die Nacht hier zu verbringen.

Um dem kalten Wetter in den Bergen zu entkommen, steuerten wir für die nächsten Tage das Meer an. Wir erhofften uns hier ein paar entspannte Stunden am Sandstrand. Dort angekommen, fanden wir dann aber alles andere als einen schönen Strand vor. Der gesamte Abschnitt wurde hier zu einer Art Müllhalde umfunktioniert, teilweise angespült, teilweise abgeladen. Wir fanden dort tatsächlich keinen einzigen Platz, an dem wir hätten bleiben wollen. Ohnehin waren viele Ecken des Landes, in denen wir uns aufgehalten haben (außer in den Bergen), häufig maßlos zugemüllt. Lediglich die Küstenorte von Vlora bis Saranda lassen so etwas wie „Urlaubsfeeling“ aufkommen und geben mit größeren Hotelanlagen, gepflegten Strandabschnitten und schicken Ausgehorten an. Es fühlt sich so an, als würde das wenige Geld des Landes nur in den Bereichen investiert werden, an dem die Möglichkeit besteht, es über den Tourismus wieder ins Land zu holen. Albanien fehlt es an Geld und vor allem an Anlagen für die Müllentsorgung. So sind die Bewohner regelrecht dazu gezwungen, den Müll einfach in die Natur zu werfen. Mit der Öffnung des Landes 1992 kam es zu einer Müllflut, welche Albanien nicht meistern konnte. Die Konsumgesellschaft, die Plastikflut und eine fehlende Entsorgung sorgen für Überforderung der Regierung, aber auch der im Land lebenden Menschen. Überall gab und gibt es seither Müllberge und illegale Deponien, an denen der Müll liegt oder teilweise auch verbrannt wird. Selbst Schafe, Kühe, Pferde, Hühner, Katzen und Hunde suchen dort nach Nahrung, um ihr Überleben zu sichern.

Da wir für die nächsten fünf Tage mit Freunden von Julian in Griechenland verabredet waren, machten wir uns nach ungefähr einer Woche in Albanien auf den Weg zur nächsten Grenze. Zu unserem Stop in Albanien möchten wir noch kein finales Fazit ziehen. Zu oft haben wir von Reisenden gehört, wie sehr sie sich in das Land verliebt haben. Während unseres kurzen Aufenthalts in den Bergen konnten wir wir dieses Gefühl teilen, je näher wir aber in besiedeltere Bereiche des Landes gelangen, desto mehr Umweltverschmutzung fanden wir dort vor. Wahrscheinlich werden wir zu einem anderen Zeitpunkt zurückkehren und dem Land eine zweite Chance geben.

Anfang Oktober trafen wir uns dann zu fünft auf Lefkada. Die Insel, die über einen Damm mit dem Festland verbunden ist liegt an der Westküste des Landes. Einige der schönsten Strände des Landes liegen hier am ionischen Meer und bietet alles, was einen Urlaub perfekt macht. Die Schlechtwetterfront verfolgte uns leider noch bis nach Griechenland, sodass wir uns entschieden, für ein paar Tage gemeinsam in ein Airbnb zu ziehen. Wir genossen die gemeinsame Zeit mit Strandausflügen, gemeinsamen Kochen und Grillen, bevor es für die Jungs weiter in Richtung Italien ging.


Route in Bulgarien, Nordmazedonien und Albanien, Stand 16.10.2021. Quelle: Gaia GPS / MapBox / Open Street Map.

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Wilde Bären und das Donaudelta.