Begegnungen im Nirgendwo.

Auf dem Weg in den Süden machten wir zunächst Halt in der Nähe der Stadt Muravera, in der wir zum Abend hin eine wilde und raue See vorfanden - fast ein wenig Nordseegefühl. Hier verbrachten wir eine ruhige Nacht und starteten den nächsten Tag mit einem kurzen Ausflug in das heute verlassene Bergarbeiterdorf Miniera Monte Narba, das bis 1930 betrieben wurde und langsam von der Natur eingeholt wird. Von der eher rauen Umgebung fuhren wir nur wenige Kilometer weiter in Richtung Capo Ferrato, an dem wir unser „zuhause“ für die nächsten Nächte fanden. Es scheint auch in der freien Natur Orte zu geben, an denen man sich sofort geborgen fühlt. Aus einer anfänglich geplanten Nacht wurden vier und wir genossen den Schatten- und Windschutz der vielen Pinienbäume, der ebenso täglich von vielen Kuhherden heimgesucht  wurde. Geweckt vom Läuten der Kuhglocken machten wir uns vom Capo Ferrato aus mal auf den Weg nach Cagliari, mal nutzten wir die Zeit, um zuvor herausgesuchte Offroad-Tracks zu fahren und uns fahrtechnisch herauszufordern.

Während uns die Zeit in der Hauptstadt Sardiniens nach so vielen Tagen in der Natur und Ungestörtheit fast gestresst hat, konnten wir im wilden Gennargentu-Massiv, dem höchsten Gebirge Sardiniens, erste Kontakte zu Einheimischen knüpfen. Um uns auf ungefähr der halben Strecke zu versichern, ob wir die steilen und steinigen Strecken hoch bis zum Gipfel wirklich mit unserem Auto fahren könnten, was Julian zwar nie bezweifelte, Caro aber sicherheitshalber nochmal von einer unabhängigen Person bestätigt haben wollte, machten wir kurz Halt bei einem von Hunden umzingelten italienischen Hirten. Ungefähr 30 Minuten versuchten wir sowohl mit Händen und Füßen als auch über Parallelen zwischen der deutschen und italienischen Sprache herauszufinden, was uns der lustige, alte Mann mitteilen wollte. Ins Auto einsteigend waren wir uns sicher, dass er uns zwar warnte, die Strecke nicht zu unterschätzen (es sei eine Wüste ohne Empfang und Menschen), wir aber mit einem wunderschönen Ausblick belohnt würden. Ohne uns aber noch die wichtigsten Stich- und Anhaltspunkte auf Papier aufzuschreiben, ließ er uns dann aber nicht fahren und verabschiedete uns kopfschüttelnd, aber freundlich lächelnd mit der Notfallnummer des lokalen Forstamtes.

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Nach unserem verhältnismäßig langen Aufenthalt am Capo Ferrato machten wir uns über den malerischen Gebirgsort Orgosolo hinweg wieder in Richtung Olbia auf den Weg, um unseren Besuch in Empfang zu nehmen. Ohne jegliche Erwartungen an einen Stellplatz hielten wir auf einer wunderschönen Naturfläche nahe Orgosolo an. Aus der Ferne konnten wir noch einen Hirten mit seinem Sohn sehen, den wir kurzerhand fragten, ob wir die Nacht dort verbringen könnten. Ohne zu zögern lud er uns auf selbst gebrannten Grappa, Pecorino und Brot mit Honig ein und versuchte uns zu erklären, wie die Landwirtschaft in dieser Gegend funktioniert. Auch sein kleiner Sohn schien erfreut über die Touristen aus Deutschland mit ihrem auffälligen Kameraequipment. Nach einem langen Tag waren wir überwältigt von so viel Gastfreundschaft und ebenso froh, zuvor mehrere mittel-schöne Stellplätze hinter uns gelassen zu haben. Es ist manchmal so hilfreich, sich auf sein Bauchgefühl zu verlassen und an schönen Orten zu verweilen, manchmal aber auch schnell wieder aufzubrechen. Wir verständigten uns mit einer Mischung aus schlechten Italienisch-Kenntnissen und „google-Übersetzung“ und verabschiedeten uns in die Nacht. Vor allem die jungen Hütehunde erfreuten sich an unserer Anwesenheit auf dem Gelände, nachdem sie uns als keine Gefahr identifizierten, und blickten fast traurig auf in unser für sie unerreichbar hohes Dachzelt als es Zeit zum schlafen gehen war. 

In den frühen Morgenstunden wurden wir dann bereits vom lauten Bellen und Glockenläuten der Schafe geweckt: es war Melktag. Vor unserer Weiterfahrt durften wir sowohl dabei zusehen, wie die riesige Herde vom Hirten gemolken wurde und dabei sogar selbst Hand anlegen. Wir wagen allerdings zu bezweifeln, ihm eine Hilfe gewesen zu sein, trotzdem schien auch er glücklich über unser Interesse an seiner Arbeit zu sein. Mit einem unglaublich leckeren Schluck Schafsmilch (entgegen unser Erwartung schaumig und leicht süßlich) verabschiedeten wir uns von diesem Erlebnis und fuhren zurück zu unserem Startpunkt in Olbia, um einen perfekten nicht-Allrad-tauglichen Platz ohne Abstriche für unseren Besuch zu finden - mit Erfolg. Aber dazu in Kürze mehr.

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Ciao Bella.

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Sardinien, du wilde Schönheit.