Ein Meer aus Sand.

Unsere letzten Tage mit Jannnis und Nico waren angebrochen. Von Swakopmund aus war unser erstes Ziel, innerhalb von eineinhalb Tagen das bekannte Sossusvlei zu erreichen. Diese Fläche mit einem Gemisch aus Salz und Ton, auch Pfanne genannt, befindet sich inmitten der Namib-Wüste. Diese Wüste ist gleichzeitig der Namensgeber Namibias.

Gleichzeitig gilt die Namib, die sich auf mehr als 1.300 Kilometern entlang der Küste erstreckt, als die älteste Wüste der Welt und zählt stolze fünf Millionen Jahre. Wörtlich übersetzt bedeutet sie so viel wie „große Leere“, was ihrer Schönheit und Einzigartigkeit aber sicher nicht gerecht wird. Nachdem wir gegen Nachmittag an unserem Campingplatz ankommen und uns im Pool abgekühlt haben, entschieden wir uns, erst am nächsten Morgen zu den berühmten Dünen zu fahren. Die Temperaturen am Nachmittag laden wirklich nur zum Nichtstun ein und waren vor allem für einen Spaziergang auf Sand einfach zu hoch. Also hieß es am nächsten Morgen gegen sechs Uhr „aufstehen“, um pünktlich zur Parköffnung am Gate zu stehen. Gegen neun Uhr morgens erreichten wir den letzten Parkplatz, bevor es nur noch zu Fuß weiterging. Da wir sportlich gesehen einiges aus den letzten Monaten aufzuholen hatten, entschieden wir uns für eine Wanderung auf die höchste Düne der Welt, der „Big Daddy“, wie man in Namibia sagt. Bei einer wechselnden Höhe von 325 bis 380 Metern hatten wir uns da viel vorgenommen, aber immerhin war der Sand in den frühen Morgenstunden noch kühl. „Das kann ja wohl nicht so schwierig sein!“, waren sich Julian und Jannis sicher und so starteten wir hintereinander den Sand hoch.

Da es für den Vorangehenden am anstrengendsten war, die Tritte im Sand zu machen (während die anderen seine Spuren nutzen konnten), wechselten wir uns in der Reihenfolge ab. Schnell merkten wir, dass Trinkpausen doch dringender nötig sind als zunächst gedacht und die ausgelassenen Gespräche klangen langsam aus. Doch mit jedem Blick in die Umgebung zahlte sich die Anstrengung aus. Das Drama aus Licht und Farben war einmalig schön. Keine Düne gleicht der anderen und Menschen gehen wie kleine Spielfiguren im Gesamtbild verloren.

Ungefähr zwei Stunden benötigten wir bis zur letzten Etappe, an der Nico und Caro kapitulierten. Jannis und Julian hingegen wollten das Ziel unbedingt noch erreichen und versicherten uns nach einer längeren Pause, uns in ungefähr 20 Minuten unten im „Deadvlei“ zu treffen. Das Ziel auf den Dünen ist zwar immer in Sichtweite, wie lange es dann aber wirklich noch dauert, unterschätzt man teilweise maßlos. Das Runtergehen hingehen macht Spaß und kostet längst nicht so viel Zeit und Kraft wie das Aufsteigen. Im Deadvlei angekommen, treffen wir auf einen „Friedhof der Bäume“. Umgeben von den riesigen Dünen ragen hier seit Jahrhunderten unzählige tote Bäume in den Himmel. Die Kameldornbäume sollen über 1000 Jahre alt sein. Ursprünglich wurden sie von einem Fluss genährt, der durch die Region fließt. Seit ungefähr 900 Jahren trocknet der Fluss aber mehr und mehr aus und die fruchtbare Umgebung versandet und stirbt. Parallel dazu sorgt der Wind in der Region für das hohe Auftürmen des Sandes auf den Dünen. Das Deadvlei heißt passender weise so viel wie „vertrockneter Sumpf“.

Da unsere Kräfte nahezu aufgebraucht waren, entschieden wir uns, relativ schnell zurück zu den Autos zu gehen und langsam unsere nächste Station vor unserem letzten Stopp in Namibia anzusteuern. Entlang der Schotterpisten erreichten wir nach drei Stunden das Camp Koiimasis, das uns von Freunden empfohlen wurde. Eine etwas eigensinnige Gastgeberin empfing und schickte uns zu unserem Platz im „Hinterhof“. In Deutschland wäre dieser Hof ungefähr so groß wie ein kleines Dorf. Als derzeit einzige Gäste genossen wir den besonders angelegten Platz zwischen riesigen Steinen, bei denen man sich fragte, wie die da überhaupt hingekommen sind.

Unsere letzte Etappe mit Jannis und Nico führte zu einem anderen sandigen Ort in Namibia. Mit der Hafenstadt Lüderitz endete unsere zwei Wochen Roadtrip durch dieses wunderschöne Land. Doch bevor wir Abschied voneinander nehmen mussten, gönnten wir uns ein Hostelzimmer, um die Stadt zentraler erkunden zu können. Auch die Begeisterung des Campens an sich wurde nicht mehr von allen Gruppenmitgliedern geteilt.

Die Bucht um die heutige Stadt wurde schon früh (1488) von einem Seefahrer aus Portugal entdeckt, die Namensgebung ist aber auf den deutschen Kaufmann Adolf Lüderitz zurückzuführen, der das Land damals erwarb. Genau hier wurde auch die Kolonie Deutsch-Südwestafrika gegründet und an das Deutsche Reich verkauft. Die wichtigsten Einnahmequellen der Stadt stellen die Fischerei sowie der Diamantenabbau dar, was durch das raue Klima und die starken Winde und gelegentliche Sandstürme unterstrichen wird. Bis Swakopmund aufgrund seiner Lage und Erreichbarkeit zum Dreh- und Angelpunkt der Geschäfte wurde, war Lüderitz der wichtigste Hafen in der Kolonie. Um nochmal tiefer in diese geschichtlichen Hintergründe einzusteigen, schlossen wir uns am folgenden letzten Morgen noch einer Führung in einer ehemaligen Bergbaustadt geben. Heute gleicht diese eher einer Geisterstadt, da sie zu großen Teilen von Sand bedeckt ist.

Mitten in der Wüste, die eher nicht für den Menschen gemacht ist, wurde eine deutsche Kleinstadt erbaut, in der 400 Arbeiter mit ihren Familien lebten. Es gab alles, was das heutige Dorfleben noch immer ausmacht: Verwaltungsgebäude, Wohnhäuser, Eisfabrik, Bäckerei, Metzgerei, ein Krankenhaus und eine Schule. Deutscher Standard in der Wüste Namibias. Eine kleine Eisenbahn wurde so gebaut, dass sie an jedem Haus der Stadt vorbeifuhr, um den Komfort für die Bewohner zu erhöhen. Sogar eine Bar, eine Turnhalle und eine Kegelbahn waren Bestandteil des Dorfes, falls mal Langeweile aufkam. Ein wahrer Luxus für die Zeit, in der die Menschen dort gelebt haben.

Die ersten Jahre des Diamantenrausches gaben fünf Millionen Karat Diamanten her, was für die Einwohner einen immensen Reichtum bedeutete. Doch die Glückssträhne hielt nicht lange an und schon 1931 war das Aufkommen der Diamanten in der Umgebung nahezu erschöpft. 1956 verließ die letzte Familie die Kolmannskuppe zu diamantenreicheren Regionen. Nachdem kein Leben mehr in der Stadt vorhanden war, eroberte die Wüste das Land zurück. Heute wird der Ort teilweise noch für den Check-In von Minenarbeitern genutzt, gilt sonst aber nur noch als Touristenattraktion.

Nun war es auch schon Zeit, Abschied zu nehmen. Einerseits von Jannis und Nico, die sich nach zwei Wochen wieder auf den Weg nach Deutschland machten und andererseits von Namibia, das wir nach wenigen Tagen auch verließen. Uns blieb noch eine gute Woche, um zurück nach Kapstadt zu fahren, unser Auto zurückzubringen und von dort aus zurück nach Athen zu fliegen. Glücklicherweise erwarteten uns in Kapstadt noch Kris und Patrick, Freunde aus Hamburg, mit denen wir unseren letzten gemeinsamen Tag verbringen konnten. Besser hätte die Zeit für uns hier nicht enden können.

Und was sollen wir sagen? Es war zu Beginn unserer Reise überhaupt nicht geplant, nach Afrika zu reisen. Zusätzlich hat die Omicron-Variante, die Anfang Dezember aufkam, uns fast wieder einen Strich durch die Rechnung gemacht. Aber: Wir sind mittlerweile fast vier Monate hier und können kaum glauben, wie viele Erlebnisse und Erfahrungen wir gesammelt haben.

Wir haben so viele nette Menschen und Gleichgesinnte kennengelernt, konnten schöne Ecken im Süden Afrikas sehen, aber auch Ungleichheit, Armut, Krankheit und Vergangenheit, die noch längst nicht verarbeitet ist. Wir haben versucht, die Länder Südafrika, Botswana und Namibia so authentisch wie möglich zu bereisen und ohne Vorbehalte alles aufzunehmen, was wir konnten. Rückblickend hätten wir wirklich gerne den Defender verschifft und wären noch in viele weitere Länder gereist, aber das ergab nach mehreren Überlegungen zumindest für diese Reise noch keinen Sinn. Auch wenn wir für unseren ursprünglichen Wunsch, nach Zentralasien zu reisen, wohl auch noch einige Abstriche werden machen müssen, sind wir froh gerade überhaupt unterwegs sein zu können.

Wir halten euch auf dem Laufenden, was unsere nächsten Pläne sind, aber zunächst gibt es zwei Wiedersehen in Athen, von denen wir beim nächsten Mal berichten werden.

Zurück
Zurück

Wie geht’s weiter?

Weiter
Weiter

Zu Besuch bei echten Nomaden.